Das Verlangen nach "mehr"

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Warum haben wir nie genug? Genug Geld, genug Liebe, genug Besitz, Sex...
Kaum haben wir ein Verlangen gestillt, kaum haben wir einen Moment der relativen Zufriedenheit erreicht, beginnt sich schon wieder das Verlangen nach "mehr" zu regen. Und wenn es kein "mehr" ist, von diesem was wir gerade erlangt haben, dann ist es etwas anderes nach dem wir streben.
Aber auch ein "etwas anderes" ist genaugenommen ein "mehr".
Alles was wir nicht haben und wonach es uns verlangt ist ein "mehr".

Die Antwort ist relativ simpel. Sie ist so nahe und so einfach, dass kaum jemand in der Lage ist sie zu sehen.
In Wirklichkeit wollen wir nicht "mehr", in Wirklichkeit wollen wir "alles".
Wir wollen alles, ohne Ausnahme, das ist der tief verwurzelte Wunsch der in einem jedem von uns steckt.
Doch was ist dies "alles"? Kann man dieses "alles" denn jemals erreichen?
Sicherlich nicht wenn wir uns dem "alles" Stück für Stück nähern; jeder erfährt, wie mühsam es ist, seine Verlangen Stück für Stück zu erfüllen.
Das sieht nach einem grossen Dilemma aus. Da ist etwas, dieses "Alles", das was jeder haben möchte und anscheinend keiner (oder fast niemand) erlangen kann. Und es taucht noch ein Paradox auf: wie kann etwas, das alles ist, gleichzeitig vielen gehören?

Gehen wir einen Schritt zurück, zu der Person, die das "alles" haben möchte. (Auch wenn du sagst, es stimme nicht, du wärest schon nur mit einem Teil zufrieden; es ist nicht so- der Wunsch, das tiefe Bedürfnis nach dem "alles" steckt in jedem von uns, er äussert sich auch darin, dass fast jeder den brennenden Wunsch verspürt, "nach Hause" zu kommen).
Kann eine einzelne Person wirklich "alles" besitzen oder erlangen?
Ist dieser Wunsch, dass jemand alles haben möchte nicht an sich schon ein Paradox? Wie kann jemand "alles" haben, wenn er sich ausserhalb des "alles" befindet? Verstehst du den Widerspruch?
Solange es noch einen Teil gibt, eben diese Person die etwas wünscht, solange ist der Rest, und sei er noch so gross, auch nur ein Teil.

Das Ganze ist nicht teilbar.

Ein Teil kann niemals das Ganze besitzen. Wenn du in der Lage bist, das Ganze zu sehen, d. h. wenn du zutiefst erkennst, dass du ein Teil des ganzen bist; aber nicht ein Teil abgetrennt vom Ganzen, sondern ein Teil wie eine Welle ein Teil des Ozeans ist, wenn du in der Lage bist, das zu sehen, dann besitzt du alles.
Dann ist der Moment da, in dem alles Verlangen, alle Wünsche sich auflösen, denn es gibt nichts mehr zu besitzen und es gibt auch nichts mehr zu verlieren.

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